News 2017-10-24T00:00:00Z LG Frankfurt verurteilt Commerzbank wegen Falschberatung bezüglich des Fonds IVG Euro Select 17

In einem von der Kanzlei AKH-H Rechtsanwälte erstrittenen Urteil vom 16. Oktober 2017 hat das Landgericht Frankfurt am Main die Commerzbank AG zum Schadensersatz und zur Rückabwicklung der Immobilienfondsbeteiligung am IVG Euro Select 17 Amstelveen verurteilt. Die Zeichnung erfolgte im August 2009.

Nach dem diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt wurde der Klägerin, welche Kundin der beklagten Commerzbank AG als ihrer Hausbank war, von deren Beraterin der geschlossene Immobilienfonds IVG Euro Select 17 als sichere und risikolose Kapitalanlage empfohlen.

Die Beklagte behauptete im Prozess, dass sie keine Beratungsfehler begangen habe. Sie behauptete außerdem, dass in dem zwei Monate zuvor stattfindenden Gespräch nicht über den IVG Euro Select 17 ausführlich gesprochen und damit die Klägerin nicht beraten worden sei. Der streitgegenständliche Fonds sei lediglich kurz „angesprochen“ worden.

Eine weitere Besonderheit des Falles liegt darin, dass die Beratung zum Erwerb des IVG Euro Select 17 ungefähr zwei Monate vor Zeichnung erfolgt ist und die Zeichnungsunterlagen teilweise über Fernkommunikationsmittel (E-Mail) und nachfolgend auch postalisch von der Commerzbank der Klägerin zugesandt wurden. Die Beitrittserklärung wurde der Beklagten per Post zurückgesandt, ebenso die schriftliche Provisionsaufklärung. Das Gericht hat hierbei nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin der umfangreiche Emissionsprospekt zugesandt wurde, was aber klägerseits bestritten wurde. Unstreitig war jedenfalls im Sachverhalt, dass die Klägerin zumindest den Kurzprospekt erhielt, der allerdings auch (pauschale) Risikohinweise zum streitgegenständlichen Fonds enthielt.

Die 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat zugunsten der Klägerin entschieden und die Commerzbank AG insoweit zur Zahlung von Schadensersatz gegen Rückübertragung der Beteiligung am IVG Euro Select 17 an die Commerzbank AG verurteilt.

Die Klägerin gab an, ihr Geld „konservativ“ anlegen zu wollen, was durch Zeugenaussagen und einem Schriftstück bestätigt wurde. Im Ergebnis hat das Landgericht nach der Beweisaufnahme festgestellt, dass die Anlageziele der Klägerin von der Commerzbank AG nicht beachtet worden waren, da der Bankberater der Klägerin trotz ihrer Vorgabe, konservativ anlegen zu wollen, eine geschlossene Hochrisikobeteiligung mit einem (latenten) Totalverlustrisiko mündlich empfohlen hat.

Das Gericht hat weiterhin festgestellt, dass in dem vorausgegangenen Beratungsgespräch die Klägerin nicht ordnungsgemäß über das Totalverlustrisiko aufgeklärt wurde bzw. die Empfehlung einer dem Totalverlustrisiko ausgesetzten und somit hochspekulativen Anlage, wie einem geschlossenen Immobilienfonds, an einen konservativen Anleger nicht anlegergerecht ist.

Das Urteil stärkt ein weiteres Mal die Stellung wirtschaftlich geschädigter Fonds-Anleger, die ihre Beteiligung über eine Bank erworben haben. Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main reiht sich in eine Vielzahl von Urteilen im Zusammenhang mit geschlossenen Fonds-Beteiligungen ein, die die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann bis hin zum Bundesgerichtshof für ihre Mandanten erstritten hat und zeigt eine erfreuliche anlegerfreundliche Tendenz in Punkto nachteiliger Beratungsprotokolle für geschädigte Anleger auf.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt ist die konsequente Anwendung des in Anlageberatungsfällen höchstrichterlich anerkannten Grundsatzes des „Vorrangs des gesprochenen Wortes“. Denn ein Anleger misst den Äußerungen und Bekundungen eines Anlageberaters in der Regel größeres Gewicht bei als schriftlichen Dokumenten. Das gilt auch dann, wenn er die Unterlagen im Vertrauen auf die fachkundigen und regelmäßig überwiegend positiven Aussagen des Beraters über den empfohlenen Fonds ungelesen unterschreibt.

zuletzt editiert am 31. Mai 2021